Der gescheiterte Handball Bundestrainer Christian Prokop

Handball EM 2020 - Christian Prokop - Deutschland - Foto: Sascha Klahn/DHB
Handball EM 2020 – Christian Prokop – Deutschland – Foto: Sascha Klahn/DHB

Handball EM 2020 Kolumne Dialog mit meinem Enkel: Hallo Großvater. Heute bin ich nach unserer Niederlage gegen Kroatien zu keinem umfassenden Gespräch mit Dir in der Lage.

Ich habe den ganzen Tag mit Freunden telefoniert, keine Schulaufgaben gemacht und wir zusammen haben nur ein paar Fragen. Vielleicht kannst Du ja Antworten geben. Egal, ob diese uns gefallen oder nicht. Wir liegen vor Enttäuschung sowieso immer noch am „Boden“ und verstehen die Handball-Welt nicht mehr.

Gut, lieber Enkel, dann lass uns loslegen.

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Ein Kommentar von SPORT4FINAL-Redakteur Frank Zepp im Dialog mit seinem Enkel.

20.01.2020 – ZEPPI SPORT NEWS / Frank Zepp:

Handball EM 2020 Kolumne Dialog mit meinem Enkel nach Deutschland gegen Kroatien:

Warum verloren wir das spannende Spiel in den letzten Minuten?

Unserer Mannschaft fehlte die spielerische Qualität aller höchsten Güte in den entscheidenden Spiel-Situationen. Der Prokop-Kader insgesamt, auch in vollständiger Besetzung, agiert nicht auf dem Level europäischer und Weltklasse. Wir können derzeit nicht auf aller höchstem Niveau Spiele konstant bestehen und gewinnen. Die Spanien-Niederlage war peinlich und gegen Kroatien hätten wir nicht verlieren müssen. Wir agieren als Mannschaft nicht souverän im Teamplay. Die kroatische 5:1-Abwehr war in der Crunchtime qualitativ besser als die deutsche 6:0-Deckung. Ab der 47. Minute gelang der Mannschaft kein Tor aus dem Feld. Nur noch zwei Siebenmeter führten zu Toren!

Die Zielstellung Halbfinale vor dem Turnier war doch laut Bob Hanning und Christian Prokop richtig?

Nein, sie war nach Bekanntgabe der Verletzungen und Absagen falsch. Das Ziel hätte realistischer höchstens mit Platz 5 ausgegeben werden sollen. Bob Hannings Eingeständnis auf der heutigen Pressekonferenz: „Wir müssen feststellen, dass der Kader nicht ausgereicht hat, um das Halbfinale zu erreichen.“

Haben wir uns seit der Weltmeisterschaft vor einem Jahr weiter entwickelt?

Unser Team stagniert in der Entwicklung und dies bedeutet keinen Fortschritt sondern eher Rückschritt. Ohne den besten deutschen WM-Spieler Fabian Wiede fehlt im Angriff die Struktur und ein Stückchen Genialität. Die deutsche Abwehr agiert grenzwertig aggressiv und kassiert zu viele Zeitstrafen. Die Torhüter kommen weder statistisch noch im Match an konstante Weltklasse-Leistungen aktuell heran. Taktisch beherrschen wir kein zweites Abwehr-System auf hohem Wettkampf-Niveau. Einige Führungsspieler (bspw. Gensheimer, Wolff in der Vorrunde, Kühn in der Hauptrunde) agierten sehr schwankend in ihrer Leistung und mentalen Verfassung bei dieser Europameisterschaft.

Das Erschreckende: Die gravierende Einbrüche im Spiel-System und Teamplay in den zweiten Halbzeiten gegen Spanien, Lettland und Kroatien. Der Bundestrainer wirkte phasenweise hilf- und machtlos. Veränderungen konnte Prokop mit seinen Führungsspielern nicht umsetzen!

Können wir trotzdem nach Stockholm fahren und uns den fünften Platz holen?

Sicher ist das noch möglich. Wenn wir hier in Wien gegen Österreich und die Tschechische Republik gewinnen sind wir im Stockholmer Fußball-Stadion dabei. Das heißt also: Drei Siege bringen den fünften Platz. Das Halbfinale ist praktisch nicht mehr zu erreichen, da Titelverteidiger Spanien alle beiden Spiele in der Hauptrunde verlieren müsste. Uwe Gensheimer sagte heute: „Wir haben mit der Mannschaft ein anderes Gesicht als in Trondheim gezeigt. Das möchten wir fortführen. Wir möchten weiter solche Auftritte in der Hauptrunde zeigen, auch wenn das Halbfinale jetzt weg ist.“ Bob Hanning legte nach: „Es ist jetzt elementar wichtig für alle, das hier erfolgreich zu Ende zu bringen. Nach so einer Enttäuschung in dieser Art und Weise ist es jetzt reine Bereitschaft und reiner Wille, auch wieder zurück zu kommen. Ich hoffe, dass uns das gelingt.“

Ich kann mich erinnern, dass Herr Hanning seit Jahren vom Olympiasieg in diesem Jahr in Tokio träumt. Das schaffen wir doch, oder?

Möglich ist dies natürlich. Erstmal müssen wir uns dafür beim Turnier in Berlin im April als eins von zwei Teams qualifizieren. Dann sind wir in Tokio dabei und können weiter von Gold träumen. Das wären dann genau vierzig Jahre nach dem ersten deutschen Olympiasieg im Männer-Handball durch die DDR in Moskau 1980. Das wirst Du doch sicher schon im Geschichtsunterricht gehört haben.

Eine Frage hat meine Freunde und mich stark beschäftigt: Haben wir mit Christian Prokop den richtigen Bundestrainer für unsere Jungs?

Das ist die Frage aller Fragen seit der EURO 2018. Von den nackten Ergebnissen und der Leistungsentwicklung unserer Männer tendiere ich zu einem Nein! Vor zwei Jahren wurden wir Neunter der Europameisterschaft. Bei der letztjährigen Heim-WM Vierter und nun zeigt die Resultats-Kurve wieder nach unten. Auch die Leistungen und die Leistungsbereitschaft der Jungs in der EURO-Vorrunde waren kein weiteres Bewerbungsschreiben für den Bundestrainer. Der knappe Sieg gegen Lettland war das schlechteste Länderspiel, was ich seit Jahren von unserer Nationalmannschaft gesehen habe. Ein Qualitäts-Sprung bei dieser Handball EM, wie ich Dir bereits geantwortet habe, ist auf Weltklasse-Niveau aktuell nicht erkennbar. Insofern, lieber Enkel, würde ich einen neuen Bundestrainer berufen. Aber diese Entscheidung liegt beim DHB-Präsidium und Bob Hanning, der heute sagte: „Im Moment sehe ich überhaupt keinen Bedarf, darüber zu sprechen. Ich gehe nicht davon aus, dass es nach dem EURO-Turnier dazu kommen wird.“ Warten wir mal die Entwicklung ab und bleiben am Ball, lieber Enkel. Wir sprechen uns wieder.

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